Bachelorpräsentation FS25
Nina Fröhlich: «Tradwives» – die Influencerinnen der neuen Rechten?
Die vorliegende Bachelorarbeit thematisiert das popkulturelle Phänomen sogenannter «Tradwives» auf Instagram in Deutschland. Es wird analysiert, inwiefern deren Inhalte mit den Werten und Ideologien der rechtsradikalen Partei AfD in Verbindung stehen. Auf Social Media Plattformen wie Instagram, Tik Tok und Youtube inszenieren sich «Tradwives» als idealisierte Hausfrauen der 1950er-Jahre, welche traditionelle Geschlechterrollen propagieren und in der Rolle als Mutter und Ehefrau ihre Bestimmung finden. Die folgende Arbeit geht der Frage nach, inwiefern sich in ihren Beiträgen neurechte Ideologien widerspiegeln.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird ein theoretischer Rahmen geschaffen, welcher die Tradwife-Bewegung, die Strategie und Ästhetik der Neuen Rechten, sowie zentrale Positionen aus dem Bundeswahlprogramm 2025 der AfD in Bezug auf Familie und gender beleuchtet. Darauf aufbauend erfolgt eine netnographische Analyse zweier deutscher Tradwife-Profile auf Instagram. Es werden jeweils sieben Beiträge pro Profil auf ihre Ästhetik, Ideologie und vermittelte Werte untersucht.
Die Analyse zeigt, dass viele Inhalte der untersuchten Profile traditionelle Rollenbilder, eine binäre Vorstellung von Geschlecht, christlich-konservative Werte und Anti- Feministische Kritik vertreten. Diese Werte überschneiden sich in vielen Punkten mit deren der AfD. Vor allem in Bereichen zu Familienbild, Geschlechterordnung, Reproduktionspolitik, Kultur und Tradition zeigen sich Parallelen zwischen den Inhalten der Beiträge der «Tradwifes» und dem Wahlprogramm der AFD. Die Ästhetische Darstellung des romantisierten Lebensstils der «Tradwives» dient dabei der emotionalen Zugänglichkeit und Verharmlosung politischer Inhalte. Dies ermöglicht eine unterschwellige Verbreitung rechter Ideologie hinter der Maske der vermeintlich unpolitischen Selbstinszenierung von Influencerinnen.
Julian del Grande: Regierung am Handgelenk. Eine Analyse des Wearable-Dispositivs.
Diese Arbeit untersucht die alltägliche Nutzung von Wearables aus kulturanthropologischer Perspektive. Als Wearables wurden Fitness-Tracker und Smartwatches ausgewählt. Im Zentrum steht die Frage, wie diese Technologien in subjektivierende Machtverhältnisse eingebunden sind und welche Formen von Selbstregierung sie (re)produzieren. Theoretisch-methodisch stützt sich die Analyse auf das Dispositiv-Konzept nach Foucault, um sowohl diskursive als auch nicht- diskursive Elemente, wie Artefakt-Design, Nutzungspraxen und normative Gesundheitsvorstellungen, in ihrer Verflechtung sichtbar zu machen. Wearables werden als Instrumente gouvernementaler Macht verstanden, indem sie Gesundheit als persönliche Pflicht darstellen und gesellschaftliche Normen wie Leistung, Optimierung, Disziplin und Effizienz durch Mechanismen der Selbstbeobachtung und Selbstregierung im Alltag verankern. Die damit verbundenen Subjektivierungsprozesse verweisen auf eine gegenwärtige Form des Healthismus, die Gesundheit moralisch auflädt, soziale Ungleichheiten verdeckt und den Körper zur kapitalistisch verwertbaren Ressource macht. Anhand qualitativer Interviews wird aufgezeigt, wie alltägliche Praktiken der Selbstvermessung, Bewertung und Optimierung im Zusammenspiel mit technologischer Infrastruktur und gesellschaftlichen Imperativen das neoliberale Subjekt konstituieren.
Zhiqing Marti: Wie Schönheitsideale an weiblichen Charakteren der ostasiatischen Diaspora verhandelt werden. Eine Untersuchung der Konstruktion rassifizierter und genderspezifischer Schönheit in der Jugendliteratur.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Konstruktion weiblicher Schönheitsideale in der Jugendliteratur und wie diese spezifisch an Protagonistinnen der ostasiatischen Diaspora verhandelt werden. Im Fokus steht somit die Untersuchung rassifizierter und genderspezifischer Schönheitsideale anhand der ausgewählten Forschungsgegen- stände «To All the Boys I’ve Loved Before» (Han 2014) und «Tokyo Ever After» (Jean 2021). Dabei geht es um Machtverhandlungen und -ansprüche, wer wessen Schön- heitsidealen unterworfen wird und wie Schönheit als ein inhärenter Wert einer Frau konstruiert wird. Diese Arbeit positioniert sich mit der Forschungsfrage im Diskurs der Diversität in der Jugendliteratur: Die Forderung nach mehr PoC-Identitäten wirkt umso signifikanter angesichts des konstruierenden und transformativen Potentials der Lite- ratur für Jugendliche. Entwicklungen sind jedoch langsam und lange nicht frei von an- haltendem Rassismus. Angesichts prävalenter Stereotypen über asiatisch-gelesenen Menschen, die besonders in der asiatisch-amerikanischen Literaturwissenschaft seit Jahrzehnten aufgearbeitet werden, bedarf es diesen neuen Erscheinungen jederzeit einer kritischen Untersuchung ihrer Repräsentation.
Mithilfe einer kritischen Inhaltsanalyse gestützt auf der kritischen Theorie der Asian Critical Race Theory (AsianCrit), die Race als sozial konstruiert sieht und die spezifi- sche Rassifizierung von asiatisch(-amerikanischen) Menschen unter dem Begriff «Asi- anization» zusammenfasst, hat die Analyse beider Werke unterschiedliche Ergebnisse aufgezeigt. Während in «To All the Boys I’ve Loved Before» die Protagonistin einem weissen Schönheitsideal sowie dem Prozess der Exotisierung unterliegt und machtlos verfügt wird, schreibt Emiko Jean mit ihrer Geschichte eine sog. Gegenerzählung und bewirkt somit einen Widerstand gegenüber westlichen Machtdiskursen, die Women of Color aufgrund ihrer Race als Frau und als Mensch deprivilegieren.
Selina Messmer: Auf Wolke Swipen. Die Wahrnehmung von Authentizität in der Kommunikation über Dating-Plattformen.
Im Rahmen der vorliegenden Bachelorarbeit in den Populären Kulturen steht die Frage im Fokus, wie Authentizität in der Kommunikation über Dating-Plattformen wahrgenommen wird. Die zeitlose und gesellschaftlich relevante Thematik der modernen Beziehungswerbung stellt für die Kulturwissenschaften ein spannendes Gebiet dar, weil sie in dieser Fachrichtung noch verhältnismässig wenig erforscht wurde und durch soziale Entwicklungen wie der Digitalität kulturelle Vorstellungen prägt. Methoden, die zur Beantwortung der Frage zum Einsatz kommen, sind Fachliteratur aus unterschiedlichen Sozialwissenschaften sowie Internetquellen zum Thema, eine Medienanalyse von Kommunikationsformen verschiedener Dating-Plattformen und zwei qualitative Interviews. Auf die Einleitung der Arbeit folgen die kulturwissenschaftliche Begriffseinordnung zentraler Ausdrücke und der Analyseteil. Die wichtigsten Ergebnisse davon sind zusammentragend im Fazit festgehalten.
Durch meine Forschung geht hervor, dass Authentizität als ein soziales Konstrukt zu verstehen ist, das man in der Kommunikation über Dating-Plattformen je nach Perspektive unterschiedlich wahrnimmt. Es hat sich herausgestellt, dass für beide meiner Interviewpartnerinnen die Authentizität in der Kommunikation über Dating-Plattformen zwar von Bedeutung ist, dass diese jedoch unterschiedlich stark vorausgesetzt wird und sich zu verschiedenen Zeitpunkten in der Beziehungssuche als etwas Wesentliches manifestiert. Dies lässt sich dadurch erklären, dass Authentizität kein statisches Merkmal, sondern einen dynamischen, prozesshaften Aspekt darstellt, der in modernen Dating-Kontexten individuell ausgehandelt wird.
Fanny Schiestl: „Gysi Bärchen“ und „Habeck-Core“: Fremdinszenierungen von linken Politiker*innen auf TikTok Deutschland.
Diese Bachelorarbeit untersucht, wie linke Politiker*innen auf TikTok Deutschland durch Nutzer*innen inszeniert werden. Im Zentrum steht die Frage, wie diese Fremdinszenierungen gestaltet sind und durch welche Narrative und Praktiken sie geprägt werden. Grundlage der Analyse bilden 23 TikTok-Videos, die zwischen dem Scheitern der Ampelkoalition (Anfang November 2024) und den Neuwahlen (Ende Februar 2025) veröffentlicht wurden. Der Fokus liegt dabei auf drei Politiker*innen: Heidi Reichinnek, Robert Habeck und Gregor Gysi.
Die theoretische Grundlage bilden Konzepte aus den Fan Studies sowie Ansätze der politischen Kommunikationsforschung. Die qualitative Analyse der Videos folgt der Methodik der Social- Media-Ethnografie.
Die Ergebnisse zeigen, dass linke Politiker*innen nicht nur als politische Akteur*innen, sondern auch als popkulturelle Figuren inszeniert werden. Diese Inszenierungen orientieren sich an Mustern der Fankultur und sind geprägt von spielerischen Fanpraktiken, auch Fan-Play genannt. So erzeugen Fan-Edits von Heidi Reichinnek eine stärkende, hoffnungsvolle Stimmung, während Videos zu Gregor Gysi politische Aussagen kreativ aufgreifen und in humorvolle, teils ironische Formate überführen, ohne deren politische Botschaft dabei aufzulösen. Die Analyse emotionalisierter Darstellungen macht deutlich, dass affektive Aufladung in allen drei Fällen eine zentrale Rolle spielt, insbesondere durch den Einsatz von Musik. Die Analyse von Videos zu Robert Habeck zeigt, wie Narrative politischer Authentizität entlang verschiedener Dimensionen wie Intimität und Gewöhnlichkeit verhandelt werden.
Insgesamt zeigt die Arbeit, wie sich auf TikTok neue Formen politischer Kommunikation herausbilden, in denen emotionale Resonanz und partizipative Fanpraktiken eng miteinander verflochten sind.
Sophie Schönholzer: Prekär vereint? Klassenunterschiede in der Gastronomie.
Die vorliegende Bachelorarbeit untersucht die Bedeutung sozioökonomischer Klasse in prekären Arbeitsverhältnissen in der Gastronomie. Sie ist im Forschungsfeld sozialer Ungleichheiten innerhalb der Empirischen Kulturwissenschaft verortet. Theoretisch knüpft die Arbeit an aktuelle kulturwissenschaftliche Stimmen an, die kritisieren, dass sich Untersuchungen zu sozialer Ungleichheit zu wenig mit der Strukturkategorie Klasse befassen. Seit den frühen 2000er Jahren wird soziale Ungleichheit vorwiegend unter dem Begriff der Prekarität diskutiert – ein Konzept, das klassenspezifische Unterschiede teilweise verschleiert. Ziel der Arbeit ist es, die klassenspezifische Wirkungsweise prekärer Anstellungsverhältnisse in der Gastronomie sichtbar zu machen und damit eine Forschungslücke zu schliessen. Ausgangspunkt der Arbeit ist die Beobachtung, dass Beschäftigte in der Gastronomie zwar formal unter ähnlichen Bedingungen tätig sind, sich diese jedoch – ebenso wie ihre Auswirkungen auf das Leben – je nach Klassenhintergrund deutlich unterscheiden. Die Untersuchung fokussiert zwei Gruppen: temporär beschäftigte Studierende und langjährig angestellte Personen. Die empirische Grundlage bilden vier qualitative Interviews mit Mitarbeitenden unterschiedlicher Klassen. Die Ergebnisse zeigen, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse in der Gastronomie auf vielfältige Weise klassenspezifisch wirksam sind. Anhand der Empirie wird deutlich, wie sich Klasse strukturell auf Beschäftigungsbedingungen auswirkt – etwa in Bezug auf Lohnunterschiede, Zugang zum Arbeitsmarkt oder betriebliche Hierarchien. Klasse prägt aber auch die Wahrnehmung der Arbeit – etwa in der Bewertung von Flexibilität, die je nach Klassenposition als Freiheit oder Unsicherheit erlebt wird. In Verbindung mit Migration und race wird sichtbar, wie sehr Klassenlagen durch strukturelle Ausschlüsse, begrenzten Ressourcenzugang und die Abwertung bestimmter Erfahrungswerte geprägt sind. Klasse erscheint hier nicht nur als eigenständige Strukturkategorie, sondern auch als Zugang, um intersektionale Verflechtungen sozialer Ungleichheit empirisch greifbar zu machen. Die Arbeit zeigt, dass unter dem Schlagwort Prekarität reale Klassenunterschiede häufig unsichtbar bleiben – und plädiert für eine klassensensible Forschung zu sozialen Ungleichheiten und Prekarität.